Carpevigo – a never ending story

Nachdem mehrere Anleihegläubiger die rechtswidrig zustande gekommenen Beschlüsse der letzten Gläubigerversammlung der Carpevigo AG mit einer Anfechtungsklage angefochten hatten, lädt die Emittentin zu einer neuen Gläubigerversammlung ein. Offensichtlich hat sie nun auch eingesehen, dass sie Fehler gemacht hat, und versucht, diese Fehler nachträglich zu beheben. So sollen diesmal wohl allein die Anleihegläubiger abstimmen dürfen und nicht der gemeinsame Vertreter.

Die neue Gläubigerversammlung findet am

 20. November um 14 Uhr um 14:00 Uhr

im

Hotel „Altwirt“, Tölzer Str. 135, 83607 Holzkirchen

statt.

In der Sache hat sich jedoch wenig verändert. Auf der Tagesordnung steht zum einen, Beschlüsse aus 2013 und 2016 zu bestätigen. Des Weiteren soll der gemeinsame Vertreter allein berechtigt werden, Rechte und Berechtigungen und / oder Ansprüche jedweder Art, die sich aus den Anleihen ergeben, gerichtlich und / oder außergerichtlich geltend zu machen. Die Anleihegläubiger sollen mithin komplett entmündigt werden, sie sollen keinerlei Rechte aus ihren eigenen Anleihen mehr geltend machen dürfen. Beispielhaft, aber ausdrücklich nicht abschließend, sind folgende Rechte genannt:

  • die Vornahme von Mahnungen oder Kündigungen
  • die Erhebung und Durchführung von Klagen einschließlich Urkundsprozessen
  • die Weiterverfolgung von Rechten nach einer Kündigung der Anleihe und
  • im Rahmen des rechtlich Möglichen die Geltendmachung von Rechten und Berechtigungen und / oder Ansprüchen, die bereits gerichtlich oder außergerichtlich eingefordert werden

Dahinter steckt wohl der Wunsch der Carpevigo AG, den derzeit gegen sie klagenden Anleihegläubigern in den bereits anhängigen Gerichtsverfahren die Klagebefugnis streitig zu machen. Im Übrigen sollen von vornherein Klagen von Anleihegläubigern verhindert werden. Nur der gemeinsame Vertreter soll noch klagen dürfen, nur er soll Rechte geltend machen dürfen.

Und für den Fall, dass vielleicht der eben genannte Beschluss nicht ausreicht, sollen zusätzlich weitere Ermächtigungen des gemeinsamen Vertreters beschlossen werden. Konkret genannt werden hier folgende Punkte:

–      die gerichtliche und/oder außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus oder im Zusammenhang mit der Anleihe, insbesondere von Zinsen, Rückführung der Anleihe;
–      die gerichtliche und/oder außergerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Anleihegläubiger;
–      die Verhandlung und Vereinbarungen über eine Stundung der Zinszahlungen;
–      die Wahrnehmung aller Gläubigerrechte aus oder im Zusammenhang mit der Anleihe unter dem Ausschluss der Anleihegläubiger

Interessant ist, dass der gemeinsame Vertreter, der laut BGH-Rechtsprechung rechtsgeschäftlicher Vertreter der Anleihegläubiger ist, gegen Anleihegläubiger Schadenersatzansprüche geltend machen können soll. Da würden wir ihm eher von abraten, es dürfte mit seinen Berufspflichten eher nicht in Einklang zu bringen sein, wenn er die eigenen „Mandanten“ verklagt.

Es sieht nicht so aus, als ob die Carpevigo viel dazugelernt hätte. Sie hat noch imme rnicht verstanden, dass die Anleihegläubiger ihre Vertragspartner sind, die ihr in einer schwierigen Situation eine Fremdfinanzierung gewährt haben. Die Carpevigo scheint vielmehr alle Anleihegläubiger als potenzielle Feinde anzusehen, das ist für eine Vertragsbeziehung wenig förderlich.

 

Rechtsanwältin Julia Breier-Struß
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