Publity AG – Kündigungen sollen umgangen werden

Einige Anleihegläubiger der publity AG haben ihre Anleihen (ISIN: DE000A169GM5 / WKN: A169GM) gekündigt. Die publity AG wäre – sofern die Kündigungen wirksam sind, was durchaus plausibel erscheint – nunmehr verpflichtet, diesen Anleihegläubigern den vollen Nominalbetrag ihrer Anleihen auszuzahlen. Dieser Verpflichtung kommt sie aber nicht nach. Stattdessen plant sie einen Umtausch der derzeitigen Wandelanleihe in eine neu zu begebende Anleihe. Die Folge dessen benennt sie ausdrücklich in ihrer Einladung zur dafür erforderlichen Abstimmung der Anleihegläubiger ohne Versammlung:

„Nach Auffassung der Emittentin werden gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs etwaige Kündigungen, die von einzelnen Anleihegläubigern in Bezug auf die von ihnen gehaltenen Schuldverschreibungen der publity-Anleihe ausgesprochen wurden, im Zuge des Umtauschs der Anleihe gegenstandslos.“

Auch nach Auffassung der Kanzlei Schirp & Partner wäre dies grundsätzlich die rechtliche Folge eines solchen sog. debt-debt-swaps. Die Zahlungsverpflichtungen der publity AG aus den Kündigungen würden dann entfallen.

Das ist ein starkes Stück!!! Durch den Umtausch der Anleihe könnte die publity AG die Kündigungen einfach umgehen. So darf man nach Auffassung der Kanzlei Schirp & Partner aber nicht mit seinem Vertragspartner umgehen. Richtig ist, dass der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden hat, dass auch gekündigte Anleihen, sofern sie noch ausstehend sind (also noch nicht zurückgezahlt wurden), von Mehrheitsbeschlüssen erfasst werden. Ein Umtausch der Anleihe und aller aus ihr resultierenden Rechte und Ansprüche in die Erwerbsrechte auf eine neue Anleihe ist daher grundsätzlich zulässig. In dem konkreten Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, ging es allerdings um eine Sanierungssituation. Die Besonderheit im Fall publity könnte darin zu sehen sein, dass es hier keinerlei ersichtlichen Grund für den Umtausch der Anleihen gibt bis auf den, die Kündigungen zu umgehen. Das könnte ggf. unzulässig sein, weil es treuwidrig ist, und auch durch einen Mehrheitsbeschluss nicht zu rechtfertigen sein.

Wer sich diesen Clou ausgedacht hat, weiß man nicht. Die One Square Advisory Services GmbH aber soll nach dem Wunsch der Emittentin gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger werden und den Umtausch begleiten. Uns scheint es schwer, einem gemeinsamen Vertreter zu vertrauen, der ein solches Vorgehen der Emittentin mindestens unterstützt.

Um den Umtausch bewirken zu können, benötigt die publity AG aber die Zustimmung der Anleihegläubiger. Sie hat darum zu einer Abstimmung ohne Versammlung eingeladen. Abgestimmt werden soll über den Umtausch der Wandelanleihe (ISIN DE000A169GM5) in Erwerbsrechte auf eine neu zu begebende Anleihe sowie über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters.

Die Abstimmung erfolgt innerhalb des Zeitraums von Mittwoch, den 30. Mai 2018, 0:00 (MESZ) bis Freitag, den 1. Juni 2018, 24:00 Uhr (MESZ).

Um den Anleihegläubigern den Umtausch möglichst schmackhaft zu machen, werden sie mit einem besseren Zinssatz gelockt. Statt der zuvor vereinbarten 3,5 % sollen für die neue Anleihe 7 % Zinsen gezahlt werden. Zudem sollen die Anleihegläubiger für die ersten 6 Monate zusätzliche 3,5 % Zinsen p. a. erhalten.

Jeder Anleihegläubiger muss für sich selbst entscheiden, ob er dieses Spiel mitmacht und sich wegen der verbesserten Bedingungen darauf einlässt oder aus Prinzip dagegen stimmt. Im Sinne von Anleihegläubigern generell ist es sicherlich nicht, wenn Emittenten sich ihrer Verpflichtungen auf solch einfache Weise entledigen können.

Die Kanzlei Schirp würde den Anleihegläubigern, die gegen dieses Vorgehen stimmen wollen, zudem empfehlen, einen anderen gemeinsamen Vertreter zu wählen, dem sie auch Vertrauen entgegenbringen können.

Hintergrund der Kündigungen

In den Anleihebedingungen der publity AG ist in § 12 geregelt, dass Aktionäre keine Dividenden erhalten, die über 50 % des im jeweiligen Jahresabschluss ausgewiesenen Jahresüberschusses nach HGB hinausgehen (so. Negativverpflichtung) . Ende 2017 hatte die publity AG versucht, diese Klausel aus den Anleihebedingungen zu streichen und hatte dafür zunächst eine Abstimmung ohne Versammlung und dann eine sog. zweite Gläubigerversammlung der Anleihegläubiger durchgeführt. Das dafür erforderliche Quorum hat sie allerdings nicht erhalten, die Negativverpflichtung ist damit weiterhin gültig.

Trotz der somit weiterhin bestehenden Negativverpflichtung hat die publity AG aber in 2017 wohl entsprechend hohe Dividende an ihre Aktionäre ausgeschüttet und damit wohl gegen die Anleihebedingungen verstoßen. Dies haben Anleihegläubiger zum Anlass genommen, ihre Anleihen zu kündigen.

Die Kanzlei Schirp & Partner bietet Anleihegläubigern an, sie kostenlos bei der Abstimmung und der ggf. danach einzuberufenden zweiten Gläubigerversammlung zu vertreten.

 

Rechtsanwältin Julia Breier-Struß
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Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB
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