Erste Anleihegläubigerversammlung bei GEWA: Absurde Veranstaltung bleibt ergebnislos

Es ist schon ein trauriger Anblick: Das obere Drittel des Gewa-Towers, gelegen inmitten eines Gewerbegebietes in Fellbach, befindet sich im Rohbau. Ohne Außenwände pfeift der Wind durch die Sichtbeton-Hallen, denn seit Herbst 2016 ruht die Baustelle.

Doch noch trauriger gestaltete sich die Versammlung der Anleihegläubiger des insolventen Gewa-Towers am Dienstag in der Fellbacher Schwabenlandhalle. Neben einigen wenigen Anleihegläubigern waren auch Wohnungseigentümer erschienen, die sich Sorgen um ihre Grundschuld machten. Es überraschte hingegen nicht, dass die Versammlung nicht beschlussfähig war. Nur 44 % des ausstehenden Anleihekapitals war anwesend bzw. wurde vertreten.

Eine insgesamt dilettantische Veranstaltung

Insgesamt machte die Versammlung einen schon mehr als dilettantischen Eindruck, der sich nahtlos an die mangelhafte, nicht fristgerechte Einladung anschloss. Obwohl dieses Versäumnis im Vorfeld bekannt war und auch vom einladenden gemeinsamen Vertreter nicht dementiert wurde, hatte man die Anleihegläubigerversammlung nicht abgesagt.

Laut dessen Aussage sei die extrem kurzfristige Einladung und die resultierende Beschlussunfähigkeit (bzw. die Nichtigkeit etwaiger Beschlüsse) „kein großer Fehler“, wie ihn die Stuttgarter Zeitung am 19. April 2017 zitierte. Vielmehr solle die Veranstaltung dazu dienen, dass sich die Gläubiger über die vorliegenden zwei Angebote der Investoren zum Fertigbau des Gewa-Towers informieren können.

Viele Teilnehmer vermissten einen als solchen zu erkennenden Versammlungsleiter. Mutmaßlich kam dem gemeinsamen Vertreter diese Funktion zu. Aber sein fast schon als devot zu bezeichnendes Auftreten half mitnichten dabei, der insgesamt unangenehm unstrukturierten Versammlung Kontur zu geben. Noch nicht einmal ein Notar war bestellt worden, um die Versammlung zu protokollieren. Lediglich eine Mitarbeiterin des gemeinsamen Vertreters führte Protokoll.

Weder Letters of Intent noch Treuhänder überzeugten

Die Versammlung wurde weitgehend von der scharfen Kritik der anwesende Gläubiger geprägt. So bemängelten die Gewa-Gläubiger sowohl die Rolle des Treuhänders als auch die beiden vorliegenden Angebote von Investoren in Höhe von 15 Millionen oder 13,5 Millionen Euro. Insbesondere störten sie sich auch an der Tatsache, dass er sich durch die Personalunion von gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger und Treuhänder in einem Interessenkonflikt befände.

Wie in den Medien berichtet wurde, wurden zudem Details des Berichtes des Architekten Jörg Wolf bekannt. So sei der Turm zwar schadenfrei über den Winter gekommen und befände sich in hervorragendem Zustand. Seiner Ansicht nach seien aber mindestens weitere 22 Millionen Euro nötig, um ihn fertigzustellen, zuzüglich der etwa vier Millionen Euro für das geplante Hotel. Bisher seien bereits mindestens 35 Millionen Euro an Anlegergeldern in den Rohbau bzw. derzeitigen Ausbauzustand geflossen. Damit bedeuten die Angebote der Investoren letztlich für die Anleihegläubiger, dass sie nur noch 40 % ihrer Geldanlage wiedersehen würden.

Seitens der Anleihegläubiger kam schließlich der Vorschlag, den Turm über Nachschüsse aus den eigenen Reihen, eine Kapitalerhöhung bei der Gewa-Projektgesellschaft oder über die Gründung einer Genossenschaft selbst fertigzubauen bzw. hierfür einen neu zu beauftragenden Projektträger zu finden. Die Verwirklichung eines derartigen Planes erscheint jedoch mehr als fraglich. Denn hierfür müssten fast alle der geschätzt 400 bis 500 Anleihegläubiger einverstanden sein. Wenig zielführend war in diesem Zusammenhang auch der Vorschlag des gemeinsamen Vertreters, er könne ja die Anleihegläubiger via E-Mail hierüber informieren – selbstverständlich aber nur diejenigen, von denen er Adressen habe… schwer zu sagen, ob das wirklich ernst gemeint sein sollte.

Und nun? Alle Fragen offen…

Letztlich blieben alle entscheidenden Fragen ungeklärt. So blieb der Treuhänder eine Stellungnahme zu den Sicherheiten schuldig und ebenso fehlte ein Tätigkeitsbericht. Und nach wie vor stehen die überaus berechtigten Forderungen nach einem neuem Vertreter der Anleihegläubiger, einem Gläubigerausschuss, einer weiteren (ordentlichen!) Gläubigerversammlung und nach einem Sachverständigengutachten im Raum.