Steilmann-Anleihe: Die Gläubigerversammlung vom 3. August

Auf den Gläubigerversammlungen für die drei ausstehenden Anleihen der Steilmann SE am 3. August in Dortmund wurden vorrangig gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger gewählt. Außerdem versorgte der Insolvenzverwalter Dr. Kebekus die anwesenden Gläubiger mit einem Überblick über den Verlauf des Verfahrens.

Bericht des Insolvenzverwalters

In der Steilmann-Gruppe werden derzeit mehr als 25 Insolvenzverfahren durchgeführt. Insbesondere seien die Tochterunternehmen der Gruppe betroffen. Da im Rahmen der jeweiligen Insolvenzverfahren zuerst die Gläubiger der einzelnen Töchter befriedigt werden müssen, erscheint es aus Sicht des Insolvenzverwalters derzeit „sehr unwahrscheinlich“, dass nennenswerte Beträge an die Holding fließen werden. Nur diese Mittel könnten aber zur Befriedigung der Anleihegläubiger herangezogen werden. Als Maßnahmen zur Verwertung des operativen Geschäfts wurden mittlerweile sieben der zwölf Boecker-Filialen veräußert. Fünf Filialen mussten abgewickelt werden und sind inzwischen geschlossen. Von den dort tätigen 340 Mitarbeitern konnten etwa 220 weiterbeschäftigt werden.

Der Insolvenzverwalter bezeichnete die Chancen der Anleihegläubiger, aus der Liquidation des Steilmann-Geschäfts eine spürbare Quote zu erhalten, als so gut wie aussichtslos.

Adler-Aktien als Sicherheit?

Wie berichtet, sind die Anleihen unterschiedlich besichert. Die Anleihe mit der ISIN DEA1PGWZ2 (Emittent Steilmann Holding AG), die mit 6,75 % p.a. verzinst ist und bis zum 27.06.2017 läuft, hat ein Volumen von 45,6 Mio. Euro und ist nicht nennenswert besichert. Die Anleihe mit der ISIN DEA12UAE0 (Emittent Steilmann SE), die mit 7,00 % p.a. verzinst ist und bis zum 23.09.2018 läuft, hat ein Volumen von 33 Mio. Euro und ist mit 87,5 % der Gesellschaftsanteile an der STB Fashion Holding GmbH besichert und die Anleihe mit der ISIN DEA14J4G3 (Emittent Steilmann SE), die mit 7,00 % p.a. verzinst ist und bis zum 09.03.2017 läuft, hat ein Volumen von 10 Mio. Euro und ist mit 12,5 % der Gesellschaftsanteile an der STB Fashion Holding GmbH besichert.

Die STB Fashion Holding GmbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Steilmann SE, die sich ebenfalls in der Insolvenz befindet. STB hält 56,07 % an der S&E Kapital GmbH, diese wiederum hält 52,81 % an der Adler Modemärkte AG. Die restlichen 43,93 % an der S&E Kapital GmbH hält der (inzwischen luxemburgische) Investmentfonds Excalibur I S.A. (wohl ein Vehikel der italienischen Miro-Radici-Gruppe).

Nach Einschätzung des Insolvenzverwalters könnte es bei der Verwertung der Sicherheiten zu Schwierigkeiten kommen. So müssen zunächst die Gläubiger der STB Fashion Holding GmbH im Rahmen des Insolvenzverfahrens befriedigt werden, etwaige danach verbleibende Überschüsse könnten dann an die Mutter Steilmann SE weitergereicht und ausgeschüttet werden. Doch hierfür müssten zunächst die hochkomplexen Gesellschafterverträge zwischen Excalibur und der STB juristisch aufgearbeitet werden. Inwieweit am Ende dieses Prozesses noch wesentliche Liquidationserlöse an die Anleihegläubiger fließen könnten, ist derzeit schwer absehbar. Kebekus machte den Anleihegläubigern hier aber wenig Hoffnung.

Wahl der gemeinsamen Vertreter: Wie geht es jetzt weiter?

Als gemeinsame Vertreter wurden Rechtsanwalt Daniel Kamke/CMS Hasche Sigle, Düsseldorf (für die Anleihe ISIN DEA1PGWZ2) und One Square Advisory Services GmbH, München (für die Anleihen ISIN DEA12UAE0 und ISIN DEA14J4G3) gewählt. Damit geht die Interessenvertretung der Anleihegläubiger auf die gewählten Personen über. Für die einzelnen Anleiheinhaber bedeutet dies, dass sie selbst keine weiteren Schritte zur Anmeldung ihrer Forderung im Insolvenzverfahren einleiten müssen. Die Forderungsanmeldung erfolgt durch den jeweiligen gemeinsamen Vertreter.

Am 7. September 2016 wird vor dem Amtsgericht Dortmund der Berichtstermin stattfinden. Hier wird der Insolvenzverwalter zum aktuellen Stand des Verfahrens Stellung beziehen. Die gemeinsamen Vertreter dürften diesen Termin für die Anleihegläubiger wahrnehmen und sollten ihnen dann auch Bericht erstatten.

Für den Fall, dass es in (ferner) Zukunft doch noch Ausschüttungen geben sollte, werden diese den Anleiheinhabern automatisch auf das Konto gebucht.

Die Vorgänge um Steilmann: Ein weiterer Kriminalfall, in zweifacher Hinsicht:

Der Fall Steilmann zeigt leider, dass man sich weder auf Versprechungen eines Vorstands, der beim Börsengang der Steilmann SE im November 2015 noch eine rosige Zukunft malte, noch auf das Versprechen einer werthaltigen Sicherheit verlassen darf. In diesem Fall sieht es so aus, dass die Anleihegläubiger die Dummen sind, die eine nachrangige Anleihe halten. Wenn überhaupt können sie nur mit einem geringen Liquidationserlös rechnen.

Angesichts der Tatsache, dass Steilmann nur 141 Tage nach der Aktienemission (!) schon pleite gewesen ist, kann man von einem skandalösen Börsengang sprechen. Steilmann belegt damit den unrühmlichen Platz 3 auf dem Treppchen der schlechtesten und betrügerischsten Börsengänge (auf dem ersten liegt ungeschlagen Refco mit 67 Tagen, gefolgt von Hess-Leuchten mit 111 Tagen). Unglaublich. Niemand kann ernsthaft die Meinung vertreten, dass die verantwortlichen Personen und Unternehmen zum Zeitpunkt des Börsenganges nicht gewusst haben wollen, was sie da verkaufen. Zu diesen verantwortlichen Unternehmen gehört auch Oddo Seydler – die Bank, die den Börsengang organisiert hat. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung hätte man es hier mit durchaus bonitätsstarken Gegnern zu tun.

Zum anderen sind die Änderungen des Gesellschaftsvertrags mit der Trägergesellschaft der Adler-Modemärkte vom 24. September 2015 hochgradig anstößig. Ganz offensichtlich hat sich der Minderheitseigner der S& E Kapital, der Investor Excalibur, im Angesicht der Insolvenz noch in letzter Minute Sondervorteile zugunsten der italienischen Eignerfamilie gesichert. Insbesondere die Begünstigung im „waterfall“ bei der Verwertung der Adler-Märkte benachteiligt alle sonstigen Steilmann-Geldgeber.

Dieser Umstand könnte für die 2012er Anleihe durchaus auch noch bedeutsam werden. Zwar ist diese Anleihe – anders als die beiden später aufgelegten – nicht direkt mit der Adler-Beteiligung besichert. Aber wenn Excalibur seine Sondervorteile wieder verlieren sollte, dann flösse zumindest mehr Geld in die Steilmann-Holding zurück. Dadurch könnte es auch für die Anleihegläubiger der 2012er Anleihe zumindest zu einer Auszahlungsquote kommen.

Und jetzt? Schadensersatz fordern!

Auf dem aktuellen Kursniveau der Anleihe ist es schwer, eine Handlungsempfehlung abzugeben. Letzten Endes Läuft es auf eine sehr persönliche Entscheidung hinaus: Wer daran glaubt, dass die Bemühungen des Insolvenzverwalters, die Sicherheiten gewinnbringend liquidieren zu können, erfolgreich sein werden, sollte die Anleihen halten. Wer das nicht glaubt, sollte aussteigen.

Insgesamt lohnt es sich aber, ein rechtliches Vorgehen gegen die Verantwortlichen der Steilmann SE und der involvierten Banken zu prüfen. Durch den Umstand der Prospekthaftung könnten sich aus den Wertpapierprospekten der Anleihe sowie dem Prospekt zum Börsengang Schadensersatzansprüche ergeben. Außerdem kommen eventuell deliktische Anspruchsgrundlagen in Betracht, die aus möglichen Straftaten erwachsen könnten.