Wirecard: Können Anleihe-Gläubiger Ansprüche im Insolvenzverfahren stellen?
Dass die Wirecard AG Bilanzen gefälscht und Anleger und Investoren betrogen hat, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Die Blase zerplatzte jäh am 25. Juni 2020, als die Nachricht von den „verschwundenen“ 1,9 Milliarden Euro, die auf Treuhandkonten liegen sollten, publik wurde.
Im Zuge des Skandals um den insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard haben nicht nur zahlreiche Aktionäre viel Geld verloren, sondern auch Anleihe-Gläubiger. Die Anleihe wurde mit einem Volumen von 500 Millionen Euro emittiert und sollte den Anlegern eine Zahlung vereinbarter Zinsen garantieren.
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Wirecard AG am 25. Juni 2020 wurden Inhaber von Anleihen der Wirecard AG (WKN: A2YNQ5) ebenfalls zu Gläubigern der Gesellschaft. Im November desselben Jahres wurde dann für alle Anleihegläubiger ein gemeinsamer Vertreter, die K&E Treuhand GmbH, gewählt.
Der gemeinsame Vertreter ist allein dazu berechtigt, Forderungsanmeldungen vorzunehmen und die Rechte der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren zu vertreten.
Urteil des Landgericht Münchens im November 2022
Im November 2022 entschied das Landgericht München I, dass Investoren der Wirecard AG, die Aktien und Derivate gezeichnet hatten, grundsätzlich keine Gläubiger im Insolvenzverfahren sind. Aktionäre können ihre Forderungen also nicht als Gläubiger im Rang des §38 InsO anmelden. Das bedeutet, dass die Forderungen erst nach Befriedigung anderer Gläubiger, wie zum Beispiel Zulieferer oder Kreditgeber, bedient werden können. Anleihegläubiger sind von diesem Urteil ausdrücklich ausgenommen, für sie besteht ein direkter Anspruch.
Zudem ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und wird wahrscheinlich in der nächsthöheren Distanz geklärt werden, da es sich um eine äußerst komplexe Rechtsfrage handelt.